«Auf Reisen überrasche ich mich selbst»

In der neuen Rubrik «Check-in» beantworten Persönlichkeiten aus Kultur, Politik, Wissenschaft und Sport in jeder Ausgabe zwölf etwas andere Reisefragen. Im Globetrotter-Magazin 129 befragen wir Milena Moser.

Ausgabe: 129 

1. Welche drei Adjektive charakterisieren dich als Reisende am besten?

Planlos, neugierig, komfortbedürftig.

2. Was war deine eindrücklichste Begegnung auf Reisen?

Auf einer viertägigen Zugreise von Los Angeles nach Chicago wurden wir bei jedem Essen mit anderen Leuten zusammengesetzt. Ich habe noch nie mit Fremden so schnell so tiefe Gespräche geführt. Das war 2016, also vor den Präsidentschaftswahlen. Ausnahmslos alle Mitreisenden entschuldigten sich für Trump, damals schon. Wir redeten über Politik, über die Schwierigkeiten, nach einem Koma wieder in den Alltag zurückzufinden, über die Frage, ob Marihuana paranoid macht. Und das alles in jeweils 45 Minuten! Diese Gespräche haben meinen Blick auf Amerika und die Amerikaner verändert.

3. Was kann dich auf Reisen aus der Fassung bringen?

Nörgelnde Mitreisende, Landsleute, die sich schlecht benehmen, Schnäppchenjäger.

4. Welche drei Gegenstände finden sich auf jeder Reise in deinem Gepäck?

Abgesehen von Pass, Portemonnaie und Telefon? Notfallschokolade aus der Schweiz (wenn ich aus der Schweiz reise). Mehr als drei Bücher und deshalb auf einem E-Reader, was mir als gelernte Buchhändlerin schon etwas schwerfällt…

5. Was war das beste Essen, das du auf Reisen probiert hast?

Als ich das erste Mal allein in Mexiko war, brachte ich den halben Zócalo zum Lachen, weil ich versuchte, den Tamal mit Messer und Gabel zu essen beziehungsweise die Maisblätter, mit denen er umwickelt war, zu zerschneiden. Eine resolute Mutter stand vom Nebentisch auf und setzte sich zu mir. Das war meine Einführung in die mexikanische Küche – und eine Geschichte, die mein mexikanischer Lebenspartner öfter wiederholt, als mir lieb ist.

6. Was hat dich das Reisen gelehrt?

In der Fremde werde ich auf mich zurückgeworfen, wenn ich meine Komfortzone verlasse, lerne ich mich selbst kennen, mit all meinen Widersprüchen, meinen Ansprüchen, meinen Reaktionen. Ich überrasche mich selbst, im positiven wie im negativen Sinn. Das gilt besonders fürs Alleinreisen – und Auswandern ist sozusagen die Extremvariante!

7. Gibt es etwas, auf das du beim Reisen nicht verzichten kannst?

Regelmässige Mahlzeiten, die Möglichkeit, mich zu waschen – was soll ich sagen, ich bin nicht so die Abenteurerin…

8. Welche Apps nutzt du auf Reisen?

Skype und Google Maps.

9. Was ist dein Lieblingstransportmittel? Und warum?

Der Zug. Siehe Antwort 2.

10. Wohin würdest du reisen, wenn du im Leben noch Zeit für genau eine Reise hättest?

Nach Hause.

11. Wenn du ein Land wärst, welches wärst du?

Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und ja, ich entschuldige mich für das Klischee!

12. Was tust du, wenn dich der Kulturschock trifft?

Ich lache über mich.

Über Milena Moser

Die Bestsellerautorin Milena Moser (55) ist gelernte Buchhändlerin. Mit 21 Jahren zieht die Zürcherin für zwei Jahre nach Paris, wo sie ihre ersten drei, bis heute unveröffentlichten Romane schreibt. 1991 erscheint «Die Putzfraueninsel» und wird zum Riesenerfolg. Seither hat Moser 20 Bücher sowie Essays, Artikel und Hörspiele veröffentlicht. Sie lebt seit 2015 in den USA. Moser hat in Santa Fe in New Mexico ein Haus gekauft. Ihr neustes Buch «Land der Söhne» ist ein fesselndes Familiendrama.

www.milenamoser.com

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«Das Reisemagazin für Weltentdecker – seit 1982»

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