«Lieblosigkeit bringt mich aus der Fassung»

In der Rubrik «Check-in» beantworten Persönlichkeiten aus Kultur, Politik, Wissenschaft und Sport in jeder Ausgabe zwölf etwas andere Reisefragen. Im aktuellen Globetrotter-Magazin befragen wir die Schweizer Fernsehmoderatorin Andrea Jansen.

Ausgabe: 155  

 

1. Welche drei Adjektive charakterisieren dich als Reisende am besten?

Haha, ich mag Adjektive ja so gar nicht. Aber wenn es sein muss: neugierig, beobachtend, aufsaugend.

2. Was war deine eindrücklichste Begegnung auf Reisen?

Ich habe so viele Menschen kennengelernt – vom jamaikanischen Rasta-Priester bis zum Aussteiger-Millionär in der afrikanischen Pampa. Hier ­jemanden herauszupicken, ist fast unmöglich. Ich glaube, am nachhaltig eindrücklichsten ist jeweils die Begegnung mit mir selbst. Der Kontrast zu den fremden Eindrücken zwingt mich immer, meine eigene Haltung oder meine Perspektive zu hinterfragen. Deshalb komme ich nie als der gleiche Mensch zurück, als der ich gegangen bin.

3. Was kann dich auf Reisen aus der Fassung bringen?

Lieblosigkeit. Sei es beim Essen, bei Unterkünften oder Ausflügen – wenn es sich seelenlos anfühlt, habe ich ein Problem.

4. Welche drei Gegenstände finden sich auf jeder Reise in deinem ­Gepäck?

Nie das Zahnbürstli, das vergesse ich konsequent immer! Mein E-Reader, eine Sonnenbrille, Packwürfel.

5. Was war das beste Essen, das du auf Reisen probiert hast?

Auch hier ist die Auswahl zu gross. Deshalb wähle ich einen Moment, der so bezeichnend war für ein Lebensgefühl und der deshalb auch zum Genuss passt: Das war eine frische Papaya und eine Tasse schwarzer Kaffee an einem Strassenstand auf Maui, Hawaii. Touristen wird generell gesagt, dass man den unteren Teil der Road to Hana nicht fahren solle, weil die Strassen so schlecht seien – wir taten es trotzdem und wurden belohnt.

6. Was hat dich das Reisen gelehrt?

Präsent sein und dann auch wieder loslassen. Das ganze Leben ist eine Reise, wenn wir bewusst eine machen, ist das ja einfach alles komprimiert. Aber grundsätzlich möchte ich jeden Moment so leben wie auf Reisen – ­bewusst, mit Offenheit und Neugierde. Im Alltag ist das aber nicht immer einfach.

7. Gibt es etwas, auf das du beim Reisen nicht verzichten kannst?

Recherche. Ich will immer wissen, wo ich bin, was ich sehe, was es bedeutet.

8. Welche Apps nutzt du auf Reisen?

Google Maps, Express-VPN und jeweils lokale Apps für Taxis oder ­Bezahlung.

9. Was ist dein Lieblingstransportmittel? Und warum?

Ich mag Züge unglaublich gern. Weil die Landschaft an einem vorbeizieht und man dabei so gut denken kann. Und weil man sich trotzdem frei ­bewegen kann.

10. Wohin würdest du reisen, wenn du noch Zeit für genau eine Reise hättest?

Bhutan. Davon träume ich seit Jahren. Keine Ahnung, warum ich das ­immer noch aufschiebe.

11. Wenn du ein Land wärst, welches wärst du?

Moto Nui aus «Vaiana» – also irgendwas Fiktives.

12. Was tust du, wenn dich der Kulturschock trifft?

Das ist mir im Leben erst zweimal passiert – in Nordindien und in China, und zwar bevor es Google Translate und weltweites Roaming gab. Damals habe ich alles einfach ausgehalten und immer wieder versucht, einzuordnen. Es ist aber schwierig, wenn es niemanden hat, der dir alles erklären kann. Heute wäre das natürlich anders – da würde ich mein Handy zücken und losfragen. Ich kenne aber eher den umgekehrten Kulturschock. Die Schweizer Kultur hat viele ungeschriebene, subtile Regeln, die einen fordern.

Andrea Jansen (45)

reist seit ihrer Kindheit privat aus Leidenschaft. Beruflich war die Moderatorin für die SRF-Reisesendungen «SF Unterwegs» und «einfachluxuriös» auf Achse, wo sie Ameiseneier probierte und in die Tiefe bungee-jumpte. Mit ihren drei Kindern und ihrem ebenso reisefreudigen Mann entdeckt die Bernerin weiterhin die Welt. Sie lebte zeitweise während fünf Jahren auf Hawaii. 2016 gründete die Unternehmerin «Any Working Mom», ein Onlinemagazin für gleichberechtigte und selbstbestimmte Eltern, das heute «mal ehrlich» heisst und monatlich 60 000 Leserinnen und Leser erreicht. Unser Bild zeigt Andrea an der Napali Coast auf der Insel Kauai auf Hawaii.

Mal ehrlich

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